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Möglichkeiten zur Regelung der Nachlassabwicklung

Hinterlässt der Erblasser mehrere Erben - entweder aufgrund gewillkürter Erbregelung oder aufgrund gesetzlicher Erbfolge - wird es ihm nicht selten Sorge bereiten, wie die Erben, die nach seinem Tod eine ungeteilte Erbengemeinschaft bilden, die sich hieraus ergebenden Probleme bewältigen.

Sein Ziel wird es ein, Streitigkeiten unter den Erben zu verhindern, da diese ggf. den Nachlassbestand gefährden könnten. Da möglicherweise die unterschiedlichsten Interessen einzelner Erben aufeinanderprallen ist dem Erblasser zu empfehlen, durch genaue Teilungsanordnungen den Rahmen der Nachlassabwicklung vorzugeben Allerdings kann der Erblasser hierdurch manche im Gesetz angelegten Probleme nicht lösen, so die unterschiedlich erforderliche Mitwirkung der Erben bei der Entscheidung und der anschließenden Umsetzung von Verwaltungsmaßnahmen.
 
Die Verfügung über Nachlassgegenstände können die Mitglieder einer Erbengemeinschaft gem. § 2040 Abs. 1 BGB nur gemeinschaftlich vornehmen. Bei den hierfür erforderlichen Entscheidungen ist allerdings gem. § 2038 BGB zu differenzieren: Handelt es sich um eine Maßnahme zur ordnungsgemäßen Verwaltung, kann die Entscheidung mit Stimmenmehrheit getroffen werden; ist eine zur Erhaltung notwendige Maßregel betroffen, kann jeder Miterbe ohne Mitwirkung der Übrigen entscheiden.
Das Verhältnis der genannten Vorschriften zueinander ist nicht abschließend geklärt. Es ist zwar in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine notwendige Maßnahme, die ggf. von jedem Miterben allein beschlossen werden kann, auch von diesem allein durchgesetzt werden darf. Hier stellt § 2040 BGB keine Sondervorschrift dar, so dass notwendige Maßregeln nicht von allen Miterben gemeinschaftlich umgesetzt werden müssen.
 
Bei Maßnahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung war bisher davon ausgegangen worden, dass die Entscheidungen zwar mit Stimmenmehrheit getroffen werden konnten, die entsprechenden Verfügungen jedoch der Mitwirkung sämtlicher Miterben bedurfte.
Diese Auffassung ist mittlerweile nicht mehr unstreitig. Zunächst hat der BGH 2006 anlässlich der Kündigung eines Pachtvertrages entschieden, dass auch die Abgabe der Kündigungserklärung, die als Ausübung von Gestaltungsrechten und damit als Verfügung unter § 2040 BGB fällt, jedenfalls dann wirksam mit Stimmenmehrheit vorgenommen werden kann, wenn dadurch die auf den Erhalt des Nachlassbestandes gerichteten Interessen der anderen Miterben nicht beeinträchtigt werden.
 
3 Jahre später, durch Entscheidung vom 11.11.2009, hat der BGH auch das letztgenannte Erfordernis fallen gelassen und es bei der Kündigung eines Mietvertrages für unschädlich erachtet, dass nur 2 von 3 Miterben der Kündigung zugestimmt hatten, da jedenfalls für den Bereich der Kündigung eines Mietverhältnisses die Regelung des § 2038 Abs. 1 BGB Vorrang hat, die Erben ein
Mietverhältnis über eine zum Nachlass gehörende Sache mithin wirksam mit Stimmenmehrheit kündigen können, wenn sich die Kündigung als Maßnahme ordnungsgemäßer Nachlassverwaltung darstellt. Wenn die Erben mehrheitlich einen Vertrag begründen könnten, sei nicht ersichtlich, warum sie ihn nicht auch wieder aufheben könnten.
 
In diesem Zusammenhang ist auf zwei jüngere Entscheidungen von Oberlandesgerichten hinzuweisen. In einem Fall hatten Mitglieder einer ungeteilten Erbengemeinschaft, deren Nachlassanteile 3/4 ausmachten, 2 noch von der Erblasserin geschlossene Sparverträge gekündigt, wobei mehrere andere Erben mit einem Anteil von je 1/32 die Mitwirkung verweigerten. Das OLG hat ausdrücklich entschieden, die Miterben könnten mit Mehrheit beschließen, ein schuldrechtliches Dauerverhältnis wie hier den Vertrag mit der Bank zu kündigen. In einem anderen Fall hat das OLG die Kündigung eines Darlehensvertrages auf der Grundlage eines Mehrheitsbeschlusses der Erbengemeinschaft für zulässig erachtet.
 
Die in Bewegung geratene Rechtsprechung im Fall der unterschiedlichen Entscheidungskompetenz von Verwaltungsentscheidungen und Verfügungshandlungen zeigt, wie leicht bei der Verwaltung eines Nachlassvermögens Streit zwischen den Mitgliedern einer Erbengemeinschaft entstehen kann.
 
Dies kann der Erblasser oftmals dadurch umgehen, dass er einem der Erben eine Vollmacht ausstellt, die entweder bereits zu Lebzeiten ausdrücklich über den Tod des Erblassers hinausgehend erteilt wurde oder aber als sog. postmortale Vollmacht ausgestellt ist, also eine unter Lebenden erteilte Vollmacht, die erst mit dem Tod des Vollmachtgebers wirksam wird.
 
Mit einer derartigen Vollmacht, die auch unwiderruflich ausgestellt werden kann, kann der entsprechend bevollmächtigte Erbe nicht nur ohne Mitwirkung der übrigen Erben und ohne einen Erbschein über das Konto des Erblassers verfügen bspw. die gerade in der Übergangszeit nach dem Erbfall erforderlich werdenden Ausgaben für Beerdigung etc. erledigen, sondern auch Entscheidungen über den Abschluss bzw. die Kündigung von Verträgen und die Vornahme der entsprechenden Verfügungen bewerkstelligen, ohne sich mit den rechtlichen Problemen im Spannungsfeld der §§ 2038 gegenüber 2040 BGB befassen zu müssen.
 
Der Erblasser erreicht durch die Ausstellung einer entsprechenden Vollmacht eine erhebliche Förderung der Handlungsfähigkeit bei der Abwicklung der zukünftigen Erbengemeinschaft, was allerdings auch die Gefahr mit sich bringt, dass der bevollmächtigte Erbe seine Rechtsstellung gegenüber den anderen Erben missbrauchen könnte. Ist sich der Erblasser daher in der Person des Bevollmächtigten nicht absolut sicher sollte er die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers erwägen, wodurch er eine unabhängige Verwaltung des Nachlasses erreichen kann.