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Ehevertrag

Bereits vor der Ehe aber auch noch nach bereits vollzogener Eheschließung können die Eheleute durch einen notariellen Vertrag den Gesamtbereich der ehelichen Lebensgemeinschaft nach ihren Vorstellungen regeln,

... insbesondere Vereinbarungen über den Güterstand, über den Versorgungsausgleich und über den nachehelichen Unterhalt treffen. Auch für den Fall einer bevorstehenden oder bereits eingeleiteten Scheidung sind die Eheleute berechtigt, sämtliche Folgesachen zu regeln; man spricht dann von einer Scheidungsvereinbarung.
 
Der Vertragsfreiheit der Ehegatten sind allerdings Schranken gesetzt, die zunächst vom BVerfG in einer Entscheidung aus dem Jahre 2001 vorgegeben wurden, bevor der BGH in einem grundlegenden Urteil am 11.02.2004 die von den Gerichten vorzunehmende Inhaltskontrolle konkretisiert hat.
 
Grundsätzlich hat eine Inhalts- und Ausübungskontrolle zum Schutz des im konkreten Fall verhandlungsschwächeren Ehegatten zu erfolgen, damit die gesetzlich vorgesehenen Dispositionsbefugnisse für die beteiligten Eheleute nicht zu einer unsachgerechten individuellen Benachteiligung führen. Grundsätzlich wird die Wirksamkeit unter dem Gesichtspunkt der Gesamtregelung überprüft, wobei einseitige Belastungen bei der Regelung einer Scheidungsfolgensache durch vereinbarte Begünstigungen bei einer anderen Scheidungsfolge kompensiert werden können.
 
Die richterliche Kontrolle bezieht sich zum einen auf den Zeitpunkt des Zustandekommens des Ehevertrages und erklärt eine Regelung für nichtig, die schon im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass hierin ein Verstoß gegen die guten Sitten zu sehen ist. Das typische Beispiel für eine derartige Konstellation ist der Sachverhalt, in dem der Bräutigam seine schwangere Verlobte einen Tag vor der Eheschließung zum Notar schleppt, um ihr dort zu eröffnen, dass sie entweder nunmehr einen Verzicht auf nachehelichen Unterhalt zu unterschreiben hat oder aber die Heirat ausfällt und die bereits geladenen Gäste nach Hause geschickt werden.
 
Auch ein Ehevertrag, der nicht sittenwidrig und damit bereits nichtig ist, ist nunmehr nach der Vorgabe des BVerfG aus dem Jahre 2001 in einer 2. Stufe durch die Gerichte dahingehend zu überprüfen, ob die während der Ehezeit eingetretene Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von der ursprünglichen, dem Vertrag zu Grunde liegenden Lebensplanung der Eheleute so grundlegend abweicht, dass sich zwischenzeitlich eine einseitige Lastenverteilung für einen der Ehegatten ergeben hat, die unzumutbar ist. In einem solchem Fall liegt ein Wegfall der Geschäftsgrundlage vor, der zwar nicht zur Unwirksamkeit des Ehevertrages führt, jedoch zur Aufgabe des Richters, im Wege der Vertragsauslegung die Rechtsfolge anzuordnen, die der zwischenzeitlich eingetretenen Situation Rechnung trägt.
 
Insgesamt haben die Gerichte zu überprüfen, ob die ehevertraglichen Regelungen ausgewogen sind oder zu einer unzumutbaren Lastenverteilung führen und, ob und inwieweit dieser Umstand dadurch eingetreten ist, dass der begünstigte Ehegatte die ihm durch den Vertrag eingeräumte Rechtsmacht missbraucht hat.
 
Zu den einzelnen Fallgruppen der Inhalts- und Ausübungskontrolle hat sich in der Zwischenzeit eine umfangreiche Rechtsprechung entwickelt, die allerdings ständig ergänzt und konkretisiert wird, so dass es jedem, der ,,noch etwas zu verlieren hat", nur empfohlen werden kann, sich vor einer Eheschließung bzw. vor einer Scheidung über die Folgesachen beraten zu lassen.